Am Freitag, den 21. August 2020 tagte die Empfehlungskommission, bestehend aus Fach- und Sachpreisrichtern unter Leitung von Prof. Johannes Ringel, um für die drei vorgestellten Leitbildentwürfe eine Bewertung und Empfehlungen zum weiteren Umgang mit den Ergebnissen abzugeben. Nach intensiven Diskussionen der Jury wurde einstimmig der Entwurf des Teams Schweden unter Federführung von Johannes Tovatt auf Rang 1 gesetzt. Die beiden anderen Teams aus den Niederlanden (KCAP) und Deutschland (Cityförster) teilen sich den zweiten Rang. Insgesamt soll der Beitrag des Teams Schweden somit als Orientierung für die weitere Entwicklung des Projekts dienen. Zur Präsentation und Kommunikation wird das Strukturkonzept überarbeitet.
Gegenüber dem „Drehbuch zur Tagebaufolgelandschaft Garzweiler“ von 2016 stellen die Ergebnisse eine wichtige konzeptionelle Weiterentwicklung dar. So lassen sich aus allen drei Arbeiten sowohl wichtige übergreifende Erkenntnisse, als auch eine Vielzahl einzelner guter Ansätze ableiten:
Topographie und Landschaft
Die noch zu schüttenden und zu rekultivierenden Flächen des Innovation Valleys bieten eine besondere Chance für eine neuartige Landschaft mit einer interessanten Topografie. Bei allen Planungen müssen die Aspekte des Wasserhaushalts, gerade auch vor dem Hintergrund des Klimawandels, eine besondere Berücksichtigung finden. Dem östlichen Seeufer kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu. Die Rekultivierungsverpflichtungen sind zu beachten.
Zeitliche Entwicklung
Das Spannungsfeld der zeitlichen Staffelung und des immensen Zeitraums von mehr als 60 Jahren Entwicklung ist prägend für das Innovation Valley. Für die östlichen Bereiche des Innovation Valleys entlang der A44n müssen umgehend Hinweise zur Qualifizierung der Landschaftsgestaltung gegeben werden. Das Innovation Valley kann von den nördlich und südlich angrenzenden Randbereichen ausgehend aktiviert werden. Langfristig kommen dann weitere Entwicklungspotenziale am See hinzu. Als zentrale Erkenntnis der Werkstatt, anknüpfend an das Drehbuch 2016 und das Leitkonzept des „Grünen Bandes“ ergeben sich je nach Standortbegabung verschiedene Optionen in Richtung See zu wachsen und Aktivitäten frühzeitig anzugehen.
Autobahn 61n und intelligente Mobilitätskonzepte
Alle drei Entwurfsteams haben gleichermaßen das Thema eines möglichen Verzichts auf die Autobahn 61n aufbereitet und vor allem zum Ausdruck gebracht, dass intelligente Gesamtkonzepte und Maßnahmen ineinandergreifen müssen, um adäquate Kompensationen der Mobilität bei einem Verzicht auf die Trassierung der A 61n direkt am Garzweiler See anbieten zu können.
Der See und das Innovation Valley könnten „zusammenwachsen“ und würden nicht über die Barriere einer weiteren Autobahntrassierung voneinander getrennt.
Kraftwerksstandorte im Osten – Beitrag in der Region
Als weitere interessante Erkenntnisse werden die großen Industriekulissen östlich des Tagebaus wie selbstverständlich mit in die Gesamt-Strukturkonzepte integriert. Neue Verbindungslinien entstehen und liefern einen Beitrag zum Gesamtraumprofil. So nehmen alle drei Entwurfsteams das Kraftwerk Frimmersdorf samt Kohlenwäsche und Transportbandtrasse in die visionären Strukturkonzepte auf und erweitern somit den Blickwinkel nach Osten.
Innovative Landwirtschaft und Regenerative Energieproduktion
Alle Arbeiten verweisen auf die Chance, im Innovation Valley mit innovativen Ansätzen neue Wertschöpfung in Synergie mit höherer Umweltverträglichkeit zu schaffen. Diese können auch mit weiteren Nutzungen, wie der Energieproduktion, im Sinne von multicodierten Landschaften ergänzt werden. Im Rheinischen Revier bestehen bereits eine Reihe von (Forschungs-)Projekten, mit denen hierfür kooperiert werden könnte. Eine besondere Chance besteht dabei in der großflächigen Skalierung innovativer Landnutzungen.
Neue Siedlungsräume
Alle drei Entwurfsteams setzen sich mit dem Thema einer angemessenen, nicht über-gestülpten Siedlungsentwicklung mit neuen Wohn- und Arbeitsformen auseinander. Neues Wohnen und Arbeiten muss ausgewogen und im Kontext mit den landschaftlichen Entwicklungen einhergehen. Arrondierungen bestehender Ortschaften sind hierfür ein wichtiger Bestandteil.
Seeplanung
Mit der Herstellung des Garzweiler Sees wird bereits ab der Flutung ein Entwicklungsschub erwartet, den es rechtzeitig vorzubereiten gilt. Der Garzweiler See und seine Ufer bedürfen jedoch einer gesonderten sorgfältigen Planung, in der auch das Thema der Siedlungsentwicklung zu klären ist. Die komplexe Planung des Sees muss in einem gesonderten, mehrjährigen und inhaltich-räumlich gestaffelten Verfahren erarbeitet werden.